Cordycepin & Ganoderminsäuren: ZNS-Wirkung

Cordycepin & Ganoderminsäuren: ZNS-Wirkung

Wenn der Therapieansatz unerwartet neurologisch reagiert

In der integrativen Tiermedizin gehören Vitalpilze wie Reishi (Ganoderma lucidum) und Cordyceps (Cordyceps militaris) nach und nach zum therapeutischen Repertoire. Ihre immunmodulierenden, entzündungshemmenden und stoffwechselaktiven Eigenschaften sind vielfach belegt – auch in veterinärmedizinischen Kontexten.

Doch was passiert, wenn zwei neurologisch auffällige Reaktionen nach der Gabe dieser Pilze bei derselben Rasse auftreten – konkret beim Kromfohrländer? In zwei dokumentierten Fällen zeigten sich innerhalb weniger Tage nach der Gabe von Reishi und Cordyceps:

  • Ein epileptiformer Anfall bei einem erwachsenen Tier
  • Eine akute, temporäre bzw. reversible schlaffe Hinterhandlähmung bei einem weiteren Tier

Beides geschah unter dem Einsatz von Vitalpilzextrakten. Zufall? Überempfindlichkeit? Oder liegt ein kausaler Zusammenhang vor?

Die an mich herangetragenen Fälle sind real, ich schildere sie jedoch unter dem Siegel der Anonymität. Es geht in diesem Beitrag auch nicht um die konkreten Umstände des Einzelfalls, vielmehr untersuchen wir auf Basis pharmakologischer und molekularbiologischer Mechanismen, ob – und warum – beide Reaktionen durch die Pilze theoretisch erklärbar sind.

Relevanz der Rasse: Der Kromfohrländer als neurogenetisch sensibles Modell

Der Kromfohrländer ist eine Hunderasse mit enger genetischer Basis. Entsprechend häufiger treten in der Population folgende Auffälligkeiten auf:

  • Epilepsie
  • Autoimmunerkrankungen diverser Ausprägung
  • Enzymatische Stoffwechselbesonderheiten (z. B. CYP450-Polymorphismen, genetisch bedingte Unterschiede in Enzymen der Leber, die Medikamente und Naturstoffe abbauen – je nach Tier können diese Enzyme langsamer oder schneller arbeiten, was die Wirkung verstärken oder abschwächen kann)

Pharmakologische Wirkung von Cordyceps (Cordycepin)

Der Hauptwirkstoff Cordycepin (3′-Desoxyadenosin) ist ein Purinanalogon und ähnelt strukturell dem körpereigenen Adenosin – einem zentralnervösen Botenstoff, der über P1-Rezeptoren wirkt:

Adenosinrezeptoren im Überblick (P1-Typ):

Rezeptor Wirkung (ZNS) Risiko bei Überstimulation
A1 Hemmung der Neurotransmission, Beruhigung Schlaffe Lähmung, Bradykardie
A2A Modulation von Gliazellen, Gefäßen, Erregung Krampfanfall, Übererregbarkeit

 

Cordycepin kann diese Rezeptoren binden und aktivieren, wobei je nach individueller Enzymausstattung (z. B. bei genetisch empfindlichen Rassen) eine unzureichende Metabolisierung zur kumulativen ZNS-Wirkung führen kann.

Ergebnisse aus Studien zeigen:

Ergo: Eine schlaffe Lähmung (vermittelt über A1-Überstimulation) oder ein Krampfanfall (durch A2A-Überaktivierung) sind pharmakologisch – zumindest in der Theorie – erklärbar, da Cordycepin nachweislich die Blut-Hirn-Schranke überwindet und direkt im zentralen Nervensystem wirkt.

Diese Wirkungen stehen jedoch im Widerspruch zur intendierten pharmakologischen Zielsetzung, wie sie in der aktuellen Studienlage beschrieben wird – nämlich einer neuroprotektiven, entzündungshemmenden und sedierenden Wirkung.

Eine derart gegensätzliche Reaktion – neurologische Übererregung bzw. funktionelle Blockade – wäre somit nicht therapeutisch gewollt, sondern als paradoxe Reaktion im klinischen Sinne zu werten, auch wenn sie bislang in der Literatur nicht systematisch beschrieben oder toxikologisch eingeordnet wurde.

Reishi: Die Rolle der Ganoderminsäuren im ZNS

Auch Reishi enthält neuroaktive Substanzen, vor allem:

  • Triterpene (Ganodersäuren A–Z) – lipophil und Blut-Hirn-Schranke-gängig
  • Polysaccharide – wirken immunmodulierend und entzündungshemmend, vor allem über Gliazellen

Die Triterpene binden ebenfalls an Adenosinrezeptoren und wirken:

  • A1-aktivierend: sedierend, hypotensiv
  • A2A-modulierend: gliaaktiv, vasodilatatorisch

Damit ergibt sich auch hier ein biphasisches Wirkungsmuster, das je nach Dosis, Rezeptorbindung, genetischer Disposition des Tieres theoretisch zu:

  • Schlaffen Lähmungserscheinungen
  • Krämpfen und neurologischer Übererregung

führen könnte.

Besonders kritisch wird dies bei Verwendung hochkonzentrierter Extrakte, wie sie auch in den vorliegenden Einzelfällen eingesetzt wurden. Diese enthalten ein Vielfaches an Wirkstoffgehalt im Vergleich zu getrocknetem Pilzpulver.

Extrakte vs. Pulver: Dosis macht das Risiko

Aspekt Pulver Extrakt (10:1, Dual)
Wirkstoffkonz. gering (0.1–0.4 % Cordycepin) hoch (1–6 % Cordycepin)
BHS-Passage langsam, abgeschwächt schnell, spitz
ZNS-Effekt mild stark, kumulativ
Klinisches Risiko gering hoch bei genetischer Prädisposition

 

Fazit: Die Gabe von Pilzextrakten – besonders ohne Einschleichphase – erhöht das Risiko für unerwünschte ZNS-Effekte meiner Meinung nach signifikant.

Klinische Hypothese: Erklärung beider Symptome über denselben Rezeptorweg

Sowohl Krampfanfälle als auch schlaffe Lähmungen können durch eine Überstimulation der Adenosinrezeptoren entstehen:

  • A1 → Hypotonie, motorische Blockade
  • A2A → neuronale Übererregung, Epileptiformität

Die genaue Manifestation hängt ab von:

  • regionale & funktionale Rezeptorverteilung im ZNS
  • Dosis & Konzentration im ZNS
  • Individuelle Stoffwechselkapazität (vor allem Leberenzyme mit Blick auf den "first-pass-Effekt")
  • genetischer Disposition
  • u.U. gleichzeitiger Einfluss weiterer Stimuli (z. B. Immunantwort, Stress)

Dass sowohl Krampfanfälle als auch Lähmungen über denselben Rezeptortyp ausgelöst werden können, lässt sich mit dem heutigen Wissen über die allgemeine Wirkung von Purinbotenstoffen im Gehirn gut erklären. (Burnstock, 2007).

Schlussfolgerung für die Praxis

Die neuroprotektiven Eigenschaften von Cordycepin und Reishi sind in Tiermodellen gut dokumentiert. Paradoxe Wirkungen wie Lähmung oder Krampf sind bislang nicht systematisch beschrieben, aber theoretisch erklärbar und in der klinischen Praxis beobachtet worden. Die Übertragung tierexperimenteller Ergebnisse auf empfindliche Hunderassen wie den Kromfohrländer ist aus meiner Sicht plausibel.

Fazit: gleichzeitige Gabe von Cordyceps- und Reishi-Extrakten kann bei neurologisch empfindlichen Hunderassen – wie dem Kromfohrländer – zu zentralnervösen Reaktionen führen, die klinisch paradox erscheinen. Dazu zählen:

  • Schlaffe Lähmungserscheinungen (mutmaßlich durch A1-Rezeptorüberstimulation)
  • Epileptiforme Anfälle (mutmaßlich durch A2A-Rezeptorüberaktivierung)

Risikofaktoren für unerwünschte ZNS-Reaktionen

Diese Effekte könnten v. a. unter folgenden Bedingungen auftreten bzw. hier ist Umsicht des Therapeuten und Tierbesitzers gefordert:

  • Verwendung hochkonzentrierter Extrakte
  • Fehlen einer Einschleichphase
  • Vorliegen einer genetischen Disposition
  • Mögliche Überlagerung beider Pilzwirkstoffe auf denselben Rezeptorweg

Empfehlung für die Anwendung in der Praxis

Vitalpilze sind keine Snacks oder Bonbons – sie sind pharmakologisch wirksame Substanzen. Besonders Cordyceps, Reishi und auch Hericium haben direkte Effekte auf das zentrale Nervensystem und müssen mit der gleichen therapeutischen Umsicht verwendet werden wie jedes andere Neurotherapeutikum.

Für die Langzeit- oder Grundversorgung sollte grundsätzlich die Pulverform bevorzugt werden. Die Anwendung von Extrakten ist ausschließlich kurweise, gezielt und mit sorgfältiger Einschleichphase vorzunehmen.

Bei Tieren mit neurologischer oder genetischer Vorbelastung ist eine engmaschige Beobachtung erforderlich – im Zweifel sollte eine Abklärung im Labor erfolgen.
Bei der Kombination mehrerer Pilzextrakte ist besondere Umsicht geboten, da eine synergistische Wirkung über gemeinsame Rezeptorwege (z. B. Adenosinrezeptoren im ZNS) nicht ausgeschlossen werden kann.

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